Im Winterhalbjahr fahren viele donnerstags ganz gezielt nach Bad Essen. Das recht einsam liegende Landhotel Bergwirt Pöhler ist ihr Ziel. Denn dort wird „von O bis O“, sprich von Oktober bis Ostern“ das Pickert essen zelebriert. Und für diesen Pickert fahren die Gäste unter anderem aus Bohmte, Bramsche, Belm, Herford und Osnabrück in den idyllischen Sole-Kurort im Osnabrücker Land.
Pickert essen beim Bergwirt Pöhler
Rauf auf den Berg, es lohnt sich!
Auch ich mache mich auf den Weg, um dieses Traditionsgericht zu probieren. Pickert gibt es beim Bergwirt jeden Donnerstag ab 17 Uhr. Dazu werden Kaffee oder Tee gereicht. Pickert war früher ein typisches „Arme Leute“-Essen, das immer noch aus Kartoffeln, Zwiebeln und Eiern zubereitet wird. Wer Pickert essen googelt, stößt sofort auf den „Lippischen Pickert“, denn das Gericht stammt eigentlich aus dem Westfälischen. Doch nicht nur Ostwestfalen-Lippe, sondern auch große Teile des Münsterlandes und der südöstliche Teil des Osnabrücker Landes sind "Pickert-Gebiet".
Eine Tradition, die schmeckt
Beim Landgasthof angekommen begrüßt mich Fabian Müller: Er kann sich noch daran erinnern, wie früher seine Oma, die Inhaberin des Familienbetriebs Ilse Gieselmann, am Herd stand und den Pickert zubereitete. Schließlich gehört Pickert essen beim Bergwirt schon über 40 Jahre zum Angebot des Hauses.
Inzwischen stehen in Bad Essen Frank Kadur und Heike Jürgens auf der Haar am Herd, während Christian Koplin für den Service zuständig ist. Frank und Heike lassen mich bereitwillig über ihre Schultern schauen, und Frank erklärt: „Wie man den Pickert zubereitet ist Glaubenssache.“ Seine Kollegin berichtet: „Ich komme aus Venne, bei uns gab es immer Kastenpickert.“ Dabei wird der Pickert wie Brot oder Kuchen in einer Kastenform gebacken und anschließend in Scheiben geschnitten. In der Küche des Bergwirtes bereiten die beiden „Lappen-Pickert“ zu. Dieser erinnert optisch an Reibekuchen. „Allerdings ist Pickert kein Reibekuchen, hier ist Sahne drin“, so Frank, und Heike ergänzt: „Früher wurde der Pickert auf einer Gussplatte gebraten, die im Ofen erhitzt wurde.“ Anschließend hätten die Köche mit einer Speckschwarte über die Platte gerieben, um diese einzufetten.
Heute bereitet Heike die Pickert auch auf einer Platte zu, allerdings auf einer Profi-Edelstahlplatte für Gastronomen. Während sie die Untertassengroßen Teigfladen wendet, beantwortet sie schmunzelnd meine Frage, warum die Leute Pickert gerne im Restaurant essen: „Pickert zubereiten ist einiges an Arbeit, außerdem müffelt es ja auch.“
Dann verraten mir die beiden noch die wichtigsten Tipps zur Pickert-Zubereitung: „Wenig Fett“, sagt Frank, und Heike betont: „Und die Pfanne muss richtig heiß sein.“
Einfaches Gericht mit unzähligen Beilagen
Die beiden richten nun die appetitlich duftenden Fladen auf einer Platte an. Dazu gibt es Preiselbeeren, Apfelmus, Rübenkraut, Lachs, Frischkäse sowie Schwarzbrot mit Butter und Salz. Auch wenn die eigentlichen Zutaten überschaubar sind, scheint das Geheimnis des Geschmacks also in den vielfältigen Beilagen zu liegen. Ich bin neugierig: Wie essen die beiden ihren Pickert am liebsten? Heike bevorzugt Rübenkraut, während Frank am liebsten Apfelmus und Preiselbeeren zu seinem Pickert isst.
17 Uhr ist die richtige Zeit zum Pickert essen
Das Kartoffelgericht wurde früher beispielsweise auf den Bauernhöfen gegessen, bevor es zur abendlichen Arbeit noch einmal in die Ställe ging. „Pickert war eine Art frühe Brotzeit ähnlich wie Rosinenbrot auch“, erläutert Fabian. Heute kämen die älteren Gäste auch meisten direkt um 17 Uhr. Doch natürlich sei es auch möglich später, zum Beispiel erst um 19.30 oder 20 Uhr Pickert zu essen. Davon abgesehen seien spontane Gäste stets willkommen. Weil der Pickert-Teig jedoch an einem Tag komplett aufgebraucht werden muss, empfiehlt Fabian, vorher zu reservieren. Und was machen die Köche, wenn doch mal etwas übrig bleibt? „Dann servieren wir den Pickert mit Birne und Gorgonzola oder Kochschinken, Tomaten und Käse überbacken am nächsten Morgen zum Frühstück.“
Soweit die Theorie. Nun will ich aber endlich selber den Pickert probieren. Und während wir in den Gastraum gehen, erklärt Christian Koplin: „Donnerstags gibt es bei uns so lange Pickert, bis Einer Stopp sagt oder platzt.“ Der Rekord liege bei 22 Pickert. Die meisten Gäste würden jedoch zwei bis vier Pickert essen.
Als der Pickert mit all seinen Beilagen vor mir steht, kann ich mich zunächst nicht entscheiden. Ich frage nun auch Fabian, wie er das Traditionsgericht am liebsten isst: „Mit Apfelmus und mit Lachs“, lautet die Antwort. Ich möchte so viele Varianten wie möglich probieren. Weil ich mir aber ziemlich sicher bin, dass ich auch nicht mehr als vier schaffe, teile ich meine Pickert in acht Teile und bestreiche jedes Stück mit verschiedenen Beilagen. Es schmeckt großartig! Nur den Lachs schaffe ich leider nicht mehr, weil ich doch noch mal zu den Preiselbeeren greife. Die süßen Varianten sind eindeutig meine Favoriten.
Gut zu wissen
Wer möchte, kann das Pickert essen noch mit einem Spaziergang verbinden. Vom Haus Sonnenwinkel führt beispielsweise der Wittekindsweg zum Bergwirt Pöhler, eine Wanderung, die etwa 45 bis 60 Minuten dauert. Außerdem bietet das Landhotel Bergwirt Pöhler auch ein Schnitzel-Buffet mit einer vorherigen geführten 1,5 stündigen Wanderung an. Und das lässt sich auch mit Pickert essen anstelle des Buffets kombinieren.
Adresse
Landhotel Bergwirt Pöhler | Am Waldsee 3 | 49152 Bad Essen
